Fußball-Bundesliga: »Anonyme Anfeindungen bis hin zu Bedrohungen« – Schalke-Vorstand Jobst legt Amt nieder - DER SPIEGEL

Es sei eine rote Linie überschritten worden: Alexander Jobst wird Schalke 04 im Sommer verlassen. Das Vorstandsmitglied hatte laut eigener Aussage Drohungen gegen sich und seine Familie erhalten.

Alexander Jobst

Foto: 

RHR-FOTO / imago images / RHR-Foto

Zehn Jahre war er Vorstandsmitglied beim FC Schalke 04, zum Saisonende wird Alexander Jobst den Klub aber verlassen. Dies teilte der voraussichtliche Absteiger aus der Fußball-Bundesliga mit, nachdem der Aufsichtsrat der Bitte des 47-Jährigen nachgekommen war. Grund für die Entscheidungen seien die »anonymen Anfeindungen bis hin zu Bedrohungen«, denen er und auch seine Familie seit einiger Zeit ausgesetzt seien, hieß es in der Erklärung.

»Ich gehe sehr, sehr schweren Herzens und habe lange mit dieser Entscheidung gerungen«, erklärte Jobst darin. Bei allem Verständnis für Ärger, Frust und dabei auch emotional heftige Äußerungen sei für ihn eine rote Linie überschritten worden. Der Aufsichtsrat bedauerte die Entscheidung, zeigte aber auch Verständnis.

Jobst, Diplom-Sportökonom und zuvor für Real Madrid und den Weltverband Fifa tätig, hatte zwar die jährlichen Vermarktungserlöse beim FC Schalke zwischenzeitlich auf über 90 Millionen Euro gesteigert und zuletzt trotz des bevorstehenden Abstiegs die Verträge mit dem Hauptsponsor Gazprom und dem Stadionsponsor Veltins verlängert.

Doch für viele Fans war er eine Reizfigur, die in Interviews den hochemotionalen Verein immer wieder als »Produkt« bezeichnete. Die zunehmende Kommerzialisierung des Traditionsklubs mit zahlreichen Aktivitäten in China stieß viele Anhänger ab, mehrmals wurde Jobst in den vergangenen Monaten auf Transparenten der Ultras auf dem Vereinsgelände als »Teil des Problems« kritisiert und zum Rücktritt aufgefordert.

»Ich habe SMS und E-Mails erhalten, in denen mir geschrieben wurde, dass man wisse, zu welcher Schule meine Kinder gehen und ob ich mir sicher bin, dass sie nach Hause kommen«, sagte Jobst im Februar in einer digitalen Gesprächsrunde mit Vereinsmitgliedern: »Oder dass die nächste Mitgliederversammlung kommt und ich deswegen schon einmal anfangen sollte, zu laufen.«

»Ich übergebe meinen Verantwortungsbereich in einem erstklassigen Zustand«

Jobst arbeite seit 2011 im Schalker Vorstand und ist für Marketing, Vertrieb und Organisation zuständig. Die Weichen für die Zukunft seien auch in der zweiten Liga gestellt, die dem Tabellenletzten angesichts von 13 Punkten Rückstand auf Rang 16 bei noch sieben ausstehenden Spieltagen bevorstehen dürfte. »Wir haben für die zweite Liga bereits frühzeitig ein Fundament in den Vermarktungserlösen geschaffen, wie es die meisten Vereine in der ersten Liga nicht haben. Ich übergebe meinen Verantwortungsbereich in einem erstklassigen Zustand«, sagte er. Schalke 04 sei einzigartig und habe die Kraft, auch sportlich wieder erfolgreich zu werden.

Jobsts Abgang ist bereits der vierte aus der Schalker Führungsetage innerhalb eines Jahres. Vor ihm hatten Finanzvorstand Peter Peters und Aufsichtsratschef Clemens Tönnies den Klub verlassen, zudem hatte sich Schalke Ende Februar von Sportvorstand Jochen Schneider getrennt.

Schalke steht damit vor einem Umbruch unter extrem kritischen Bedingungen: Nach einem Minus von 52 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2020 ist der Traditionsklub mit 217 Millionen Euro verschuldet und mit negativem Eigenkapital von mehr als 70 Millionen Euro in höchster Not, die teure Mannschaft muss für die zweite Liga radikal umgebaut werden – das Machtvakuum an der Vereinsspitze kommt zur Unzeit.

mon/dpa/sid

Let's block ads! (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Fußball-Bundesliga: »Anonyme Anfeindungen bis hin zu Bedrohungen« – Schalke-Vorstand Jobst legt Amt nieder - DER SPIEGEL )
https://ift.tt/3s2VGRN
Sport

Bagikan Berita Ini