
Tommi Schmitt: Schrumpf-Late-Night-Format »Studio Schmitt«
Foto: Joachim Gern / dpaDie lustigste Idee ist der Mikroauftritt von Glencheck-Influencer Joe Laschet als Garderobenmessias. Im Auftakteinspieler stolpert Tommi Schmitt, flankiert von vorbeirauschenden Promis, nämlich rein zufällig in sein neues Fernsehengagement. Dort lässt er sich zwischendurch von einer Laschet-Erscheinung den Kragen zurechtzuppeln und bedient ansonsten weiter die kokette Einlassung, eigentlich ja nie den Schritt vor die Kamera angestrebt zu haben.
Bislang hörte man von Schmitt nur seine Gags, wenn er als Autor unter anderem für Luke Mockridge und Klaas Heufer-Umlaufs »Late Night Berlin« arbeitete, oder seine Stimme, wenn er sich mit Comedian Felix Lobrecht durch den höchst erfolgreichen Buddy-Podcast »Gemischtes Hack« kumpelte. Nun versucht er sich mit dem knapp halbstündigen Schrumpf-Late-Night-Format »Studio Schmitt« auf ZDFneo als ganzheitliche Showperson.
Die Zuppelszene mit Laschet passt dabei gut als knappes Symbolbild für seine erste Sendung, die von Jan Böhmermann den Sendeplatz am Donnerstagabend erbte, der mit dessen Wechsel ins ZDF-Hauptprogramm frei wurde. Einiges gilt es hier noch zu ruckeln und zu richten, wie ja fast immer bei derlei Formaten sitzt der erste Anlauf, obwohl von Fachkräften maßgeschneidert und stofflich von guter Qualität, noch nicht wirklich.
Eilig durchgeorgelt
Schon Schmitts Auftakt-Stand-up feuert Gags wie eine wild streuende Schrotflinte: Der semi-blankziehende Traumschiff-Silbereisen, Cannabis-Legalisierung in New York, rassistische Cops, geimpfte russische Haustiere und Quarantäne für Mallorca-Urlauber werden ohne wirkliche Timing-Dramaturgie eilig durchgeorgelt, teilweise rauscht Schmitt durch Wortspiele und Witzwindungen, als trage er ein sehr langes, auswendig gelerntes Gedicht vor, aus dessen Deklamation er bei der geringsten Pause zu kippen drohte.
Tatsächlich vermisst man hier womöglich eine häppchenhaftere Dosierung durch eingespielte Lacher. Die gänzliche Abwesenheit von Reaktionen, und seien sie auch nur simuliert, wirkt doppelt irritierend, weil Schmitt schließlich auch zu Applaus auf die Bühne gekommen war. So wirkt sein stumm verhallender Stand-up ein wenig, als verfolge ihn ein fiktives, aber eben gänzlich ungerührtes Publikum.
Auf den Stand-up-Teil folgt ein einziger Einspieler, zwei Stimmen rangeln darin in Schmitts Kopf mit teilweise arg abgestandenen Meinungen zur hörbaren Gender-Sprechpause, ohne dass dabei Schmitts eigene Haltung durchscheinen würde, die einen durchaus interessiert hätte.
Dann folgt bereits der Talkteil: Mit Sabine Rückert, stellvertretender Chefredakteurin der »Zeit« und Betreiberin des Crime-Podcasts »Zeit Verbrechen«, schaut überraschenderweise kein erwartbarer Bubble-Spezi vorbei. Das ist einerseits erfreulich, anderseits bleibt das Gespräch arg blass, obwohl Schmitt in diesem Part deutlich natürlicher und souveräner wirkt als im Stand-up. Doch viel mehr als eine eindrückliche Warnung vor den Gefahren des Trampens bleibt nicht wirklich hängen.
Erst passiert zu viel, dann passiert zu wenig
Schmitt stellt freundliche Charmierfragen und will wissen, wie Rückert sich ihre Neugier erhält und ob sie unter heutigen Bedingungen noch einmal Journalistin werden wollte. Interessanter wäre angesichts des derzeit fast schon bizarr boomenden Crime-Genres im Podcastwesen beispielsweise die Frage gewesen, wie unterhaltsam anderer Leute Verderben eigentlich sein darf oder welche womöglich ja wirklich nützliche psychologische Wirkung derlei Podcasts haben könnten.
Stattdessen gibt es eine Blitzfragerunde mit Verkünstelungen wie »Welche Farbe hat der Wind?«, und diese einleitenden »Schnellen Fragen im Stehen« sind obendrein samt Titel eins zu eins von Benjamin von Stuckrad-Barres »Stuckrad Late Night« entnommen, die bis 2013 lief, und in der der Autor in diesem Part in den meisten Fällen deutlich schmerzfreudiger und wendiger agierte als Schmitt.
Zusammenfassend könnte man zur »Studio Schmitt«-Premiere also sagen: Erst passiert zu viel, dann passiert zu wenig. »Es ist halt ne Show«, hatte Schmitt selbst einleitend gesagt. Ob diese Unaufgeregtheit durchaus auch etwas Positives sein kann, werden die weiteren Folgen zeigen.
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