Wucherpreise bei Grafikkarten eröffnen ungewöhnliche Wege - etwa stattdessen ein Notebook zu kaufen. Das kostet weniger fps als erwartet.
Der Markt um Grafikkarten ist wohl so chaotisch wie schon lange nicht mehr. Nvidia und AMD produzieren am Limit und die Gaming-Community kommt trotzdem nicht an ihre Grafikkarten heran. Stattdessen steigen die Preise für die Karten immer weiter. Da stellt sich die Frage nach Alternativen.
Die gibt es für einige Kunden womöglich in Form von Gaming-Notebooks. Klar kosten die Laptops mit integrierter Grafikeinheit oft weit über 1.000 und auch mal mehr als 2.000 Euro. Angesichts der aktuellen Grafikkartenpreise scheint das aber ein geringes Problem zu sein. Doch was bringen die Geforce RTX Mobile gegenüber ihren Desktop-Pendants? Schließlich verfügen sie meist über ein geringeres Power-Budget und sind daher weniger leistungsstark.
Golem.de hat sich das anhand der Geforce RTX 3070 Founders Edition, derzeit bei Onlinehändlern für um die 1.200 Euro gehandelt, und einer Geforce RTX 3070 Mobile im Alienware M15 R4 angesehen. Wir sind überrascht, wie sehr die durch den kleineren Formfaktor und weniger TDP eingeschränkten Grafikeinheiten mithalten können.
Leistungsaufnahme der RTX 3070 Mobile geringer
Sehen wir uns zunächst die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Grafikkarten an: Beide Ampere-Modelle setzen auf Nvidias GA104-Chip aus Samsungs 8-nm-Verfahren. Zur Unterscheidung meldet sich der Chip der Laptop-Version als GA104M, das Desktop-Modell erwartungsgemäß mit GA104-300. Bei beiden stehen 8 GByte GDDR6-Speicher mit einem 256-Bit-Interface zur Verfügung. Das reicht für Full-HD-Auflösungen wie beim Alienware-Notebook locker aus.
Die RTX 3070 Mobile läuft standardmäßig nur auf maximal 125 Watt TDP. Zudem sinken auch die Shadereinheiten auf dem Chip auf 5.120 statt 5.888 Stück. Entsprechend kann Nvidia GA104-Chips, die bei der Fertigung nicht den Qualitätsmerkmalen der Desktop-GPU entsprechen, für das Laptop-Pendant verwenden. Die Laptop-GPU ist zudem auf 40 Ray Tracing Cores und 160 Tensor Cores beschränkt, während die Desktop-Variante auf 46 RTCs und 184 TCs zugreifen kann.
Während unserer Spieletests stellen wir fest, dass sich Kern- und Speichertakt beider GPU-Modelle kaum unterscheiden. Die Geforce RTX 3070 Mobile taktet im Benchmark von Shadow of the Tomb Raider auf maximal 1.900 MHz hoch. Der Speichertakt arbeitet dabei mit 1.750 MHz. Zum Vergleich: Die Geforce RTX 3070 FE arbeitet im identischen Szenario und bei gleichen Grafikeinstellungen mit minimal höheren 2.025 MHz Kerntakt und gleichen 1.750 MHz Speichertakt.
Die Unterschiede bei der Leistungsaufnahme werden aber schnell deutlich. Maximal 140 Watt (125 Watt + 15 Watt von der CPU) benötigt die Geforce RTX 3070 Mobile in Shadow of the Tomb Raider. Dell hat also die maximale TDP der GPU 1eingestellt. Die Geforce RTX 3070 FE ist auf maximal 220 Watt ausgelegt. Im Tomb-Raider-Benchmark wird davon auch voll Gebrauch gemacht. Wir messen einen Höchstwert von 218,2 Watt.
Es rauscht im Notebook
Klar, dass die Desktop-GPU dem mobilen Gegenpart auch in der Lautstärkeerzeugung überlegen ist. Der große Dual-Slot-Kühler der Geforce RTX 3070 FE hat kein Problem mit der hohen TDP und bläst recht gleichmäßig. Das Alienware-Notebook verbaut zwei kleinere Lüfter, die neben der GPU auch andere Komponenten mit einer maximalen Leistung von summiert 240 Watt kühlen müssen.
Dafür arbeitet das Notebook überraschend leise und kann die Taktraten des Core i9-10980HK und der Nvidia-GPU konstant oben halten. Wir sollten beim Zocken trotzdem Kopfhörer verwenden oder das Notebook unter dem Tisch verstauen. Auch kann es passieren, dass die Kühlung bei eigentlich kaum anspruchsvollen Aufgaben wie Programminstallationen anspringt.
In der Praxis schlagen sich diese ganzen Einschränkungen erwartungsgemäß in einer generell geringeren Performance und niedrigeren fps nieder, die aber nicht proportional zur Leistungsaufnahme ist. Um das zu testen, haben wir uns einige Spiele angeschaut.
Obwohl die mobile Geforce RTX 3070 in der Theorie doch stark im Nachteil ist, wirkt sich das bei den fps nicht unbedingt linear aus. Wir testen dazu diverse Spiele in hohen und ultrahohen Details und schalten Anti-Aliasing und einen 16x anisotropen Texturfilter ein, wenn möglich. Wir verzichten auf Raytracing und DLSS und wollen die reine Rasterization-Leistung in Full HD erfahren, so wie mobile Gaming-Geräte oft genutzt werden.
Das Alienware M15 R4 wird mit einem Core i7-10980HK ausgestattet, hier mit 45 Watt Leistung. Dieser gehört aktuell zu den schnellsten Mobil-CPUs, abseits richtiger Desktop-Chips. Das Notebook verwendet 32 GByte DDR4-RAM und kann Daten von einer schnellen NVMe-SSD abspielen.
Auch beim Desktop-System kommt der zurzeit schnellste Prozessor für den Endkundenmarkt zum Einsatz: Der AMD Ryzen 9 5950X kann auf 105 Watt TDP zugreifen und sollte in den meisten Szenarien merklich schneller sein. Wie gesagt ist die Leistung des Alienware-Gerätes trotzdem recht gut.
Und wir finden: Wenn wir das bestmögliche SoC im Notebook testen, ist es nur sinnvoll, auch das bestmögliche SoC für Desktop-Systeme gegenüberzustellen. Zudem muss beim Kauf einer Notebook-GPU auch der Leistungsunterschied zu Desktop-Hardware bei der Prozessorleistung in Kauf genommen werden.
RTX 3070 Desktop for Mobile
Angefangen mit dem Multiplayer-Shooter CS:GO merken wir bereits einen Unterschied, wenn wir Bots auf der Map de_dust2 gegeneinander antreten lassen. Das Alienware-Notebook ist erwartungsgemäß langsamer und kommt auf maximal 231 fps (Full HD, hohe Detailvoreinstellungen, 4x TAA, 16x AF). Der Desktoprechner erreicht hier knapp 343 fps.
Das Abenteuerspiel Shadow of the Tomb Raider ist noch immer ein beliebter Benchmark, wenn es um Grafikleistung geht. Für die meisten mobilen Grafikeinheiten ist das Spiel eine technische Herausforderung. Nicht so beim Alienware M15 R4, das auf 122 fps kommt (Full HD, hohe Detailvoreinstellungen, FXAA, 16x AF). Die Geforce RTX 3070 kann sich hier deutlicher absetzen und schafft 170 fps, also knapp ein Drittel mehr Bilder pro Sekunde.
Auch weil 2021 noch ein Nachfolger zu Total War: Warhammer 2 erscheint, der wahrscheinlich wieder auf der gleichen TW-3-Engine basieren wird, testen wir auch diesen Titel auf unseren Karten. Die Geforce RTX 3070 Mobile hat hier in Full HD doch ganz schön viel zu tun, wir messen trotzdem gut spielbare 104 fps im Battle-Benchmark (hohe Detailvoreinstellungen, TAA, 16x AF). Die Geforce RTX 3070 FE ist in diesem Fall flotter unterwegs. Durchschnittlich 111 fps sind im Battle Benchmark möglich.
Aktuelle Games gut spielbar
Cyberpunk 2077 ist für seine recht anspruchsvolle Grafik bekannt. In Full HD, mit ausgeschaltetem Raytracing und DLSS erreichen wir auf dem Alienware-Notebook aber immerhin 84 fps, was wir als flüssig spielbar bezeichnen können. Bei einem Spaziergang durch Night City rendert die Geforce RTX 3070 FE noch einmal flotter und erreicht bei gleichen Einstellungen 99 fps.
Auch Borderlands 3 ist ein fordernder Titel, obwohl die Cell-Shading-Grafik das nicht auf den ersten Blick offensichtlich macht. Der interne Benchmark ist für das Alienware-Notebook eine Herausforderung. Wir kommen auf 81 fps im Schnitt (Full HD, ultrahohe Detailvoreinstellungen, 16x AF, TAA). Bei gleicher Grafikeinstellung erreicht der Desktop-Computer mit RTX 3070 FE 111 fps.
Das dystopische Russland erkunden wir in Metro Exodus auf beiden Systemen mit guten Bildraten. Das Alienware-Notebook erreicht insgesamt 133 fps in den Tunneln unter Novosibirsk (Ultra Detailvoreinstellungen, 16x AF). Erwartungsgemäß ist die Geforce RTX 3070 FE im gleichen Szenario schneller und kommt auf 185 fps.
Der eigentliche Rivale: Die Geforce RTX 3060
Ganz klar: Dem über alle Titel verteilt etwa 36 Prozent schnelleren Namensvetter kann die Geforce RTX 3070 Mobile nicht gerecht werden. Die Leistung erinnert eher an ein anderes Desktop-Modell von Nvidia: die Geforce RTX 3060. Leistungswerte beider Varianten sind gerade in Borderlands 3 und Metro Exodus vergleichbar. Die mobile GPU erreicht 81 und 133 fps in Full HD, die Geforce RTX 3060 81 und 117 fps.
Wenn wir uns dazu den aktuellen Verkaufspreis der Geforce RTX 3060 anschauen, wird klar: Die Mobil-Variante ist tatsächlich eine sinnvolle Alternative. Knapp 800 Euro wollen Versandhändler wie Alternate und Caseking zur Zeit für die Desktop-Karte haben. Da fehlt nicht viel Geld für ein Gaming-Notebook. Denn die gibt es laut Preichvergleichsportalen mit Geforce RTX 3070 schon ab etwa 1.500 Euro.
Das von uns getestete Alienware-Gerät ist mit etwa 3.000 Euro freilich wesentlich teurer, hat dafür aber sehr viele Anschlüsse und ein gut verarbeitetes Gehäuse. Dass Dell die GPU zudem auf volle 140 Watt (125 Watt plus 15 Watt von der CPU) einstellt, ist ein Bonus.
Schon auf dem Papier wird klar: Die Geforce RTX 3070 Mobile hat gegen die Desktop-Version das Nachsehen. Doch was bringt eine schnelle Desktop-Grafikkarte wie die Geforce RTX 3070 FE, wenn sie nicht einmal gekauft werden kann und seit ihrem Release mehr als doppelt so teuer geworden ist?
Unter diesem Gesichtspunkt ist es durchaus interessant, einen Blick auf Gaming-Notebooks wie das Alienware M15 R4 zu werfen. Es reicht für eigentlich alle unsere getesteten Titel aus und schlägt sich trotz niedrigerer TDP von 140 Watt (RTX 3070: 220 Watt) gut. Ein Plus: Die Stromkosten sind beim Zocken nicht ganz so hoch, benötigt doch die Desktop-GPU etwa 57 Prozent mehr Leistung aus der Steckdose.
Über sechs Spiele zusammengenommen ist die Geforce RTX 3070 FE bei Full-HD-Auflösung 36 Prozent schneller als ihr mobiles Pendant. Wir würden die RTX 3070 Mobile daher eher im Bereich einer Geforce RTX 3060 ansiedeln. Die kostet zurzeit 800 Euro und mehr und ist daher fast genauso überteuert wie die merklich leistungsstärkere RTX 3070 für derzeit rund 1.200 Euro.
Wenn es nicht anders geht, ist es daher eine gute Alternative, sich einfach ein Notebook zu kaufen. Oder zu warten, bis sich die Lage bessert. Das tun viele hoffnungsvolle Gamer aber schon seit Ende letzten Jahres - getan hat sich bislang nichts.
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