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Das Schwarze Loch im Nabel der Milchstraße zeigt Magnetfelder - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Im April 2019 war das Bild auf allen Titelseiten: Ein orange eingefärbter glühender Kringel mit einen dunklen Mittelpunkt: dem Schatten eines leibhaftigen Schwarzen Lochs. Der dunkle Fleck war die Sensation. Zum ersten Mal war es Astronomen gelungen, mittels eines weltweiten Verbunds geeigneter Radioteleskope, dem „Event Horizon Telescope“ (EHT), ein Exemplar dieser bizarren aber nunmehr ohne jeden Zweifel existierenden Objekte sichtbar zu machen. Es sitzt genau im Zentrum der riesigen aktiven Galaxie M84 im Sternbild Jungfrau. Ein weiteres Schwarzes Loch, diesmal im Zentrum unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, wurde 2022 publiziert. Nach seiner Lage im Sternbild Schütze und aus historischen Gründen heißt es Sagittarius A* oder abgekürzt „Sgr A*“.

Am heutigen 27. März hat die mehr als dreihundert Forscher umfassende EHT-Kollaboration eine neue Aufnahme des Lochs im Zentrum der Milchstraße veröffentlicht und zugleich zwei wissenschaftliche Artikel dazu in den Astrophysical Journal Letters. Wieder erkennt man den dunklen Fleck, der ensteht, weil das Gravitationsfeld des Schwarzen Loches das orange visualisierte Mikrowellenleuchten der es umbebenden Materiescheibe um sich herumleitet. Doch ist der orange Kringel diesmal durch Scharen paralleler Linien strukturiert. Sie markieren um das Schwarze Loch herumgewundenen Magnetfelder. Dies ist auch und vor allem insofern bemerkenswert als bei dem Schwarzen Loch im Herzen der aktiven Galaxie M87 eine sehr ähnliche Struktur beobachtet worden war.

Zum Vergleich: Das polarisierte Licht aus dem Zentrum der Galaxie M87

Zum Vergleich: Das polarisierte Licht aus dem Zentrum der Galaxie M87 : Bild: EHT Collaboration

Die Magnetfelder wurden sichtbar, weil die EHT-Forscher hier die Information haben auswerten können, die in der Polarisation der aufgefangenen Strahlung steckt. In polarisiertem Licht - oder anderer elektomagnetischer Strahlung wie hier eben Mikrowellen - schwingen die Wellen in einer bevorzugten Ebene. Wenn nun Plasma - Gas von ausreichend hoher Temperatur, um Elektronen von Atomrümpfen zu trennen - von Magnetfeldern duchsetzt ist, dann beeinflusst das die Polarisation des hindurchtretenden Lichts. Daher kann man durch Beobachtung solchen Lichts und die Messung seiner Polarisation auf Struktur und Stärke der betreffenden Magnetfelder schließen.

Millionenmal schwerer als Schwarze Löcher

Die Entdeckung dieser Magnetfelder öffnet ein Fenster in die innersten Regionen von Sgr A*, wo das Zusammenspiel von Gravitation, Magnetismus und Raumzeitkrümmung seinen Höhepunkt erreicht, sagt Anton Zensus, Direktor am Bonner Max-Planck-Institut für Radioanstronomie, das am EHT massgeblich beteiligt ist. Was die Forscher nun nicht wenig begeistert, das ist die Ählichkeit der magnetischen Verhältnisse nahe der Ereignishorizonte der beiden bisher mit dem EHT untersuchten supermassiven Schwarzen Löcher.

Beide Objekte werden von den Astrophysikern als „supermassiv“ klassifiziert (der im Deutschen eigentlich korrektere Ausdruck “supermassereich“ will sich nicht so recht einbürgern), da sie Millionenmal schwerer sind als die Schwarzen Löcher, die sich beim Kollaps sehr schwerer Sterne am Ende ihres Lebens bilden. Doch Sgr A* ist mit etwas über vier Millionen Sonnenmassen tausendmal kleiner als sein Artgenosse im Zentrum der Galaxie M87.

Zudem ist M87 eine sogenannte aktive Galaxie, auf dessen Schwarzes Loch unablässig große Mengen Materie einströmen, die sich dabei enorm aufheizen und durch die Wechselwirkung mit den Magnetfeldern teilweise als sogenannte Jets wie aus zwei gigantischen in entgegengesetze Richungen weisenden Düsen über tausende von Lichtjahren hinweg in den intergalaktischen Raum geschleudert werden. Da konnte man erhebliche Unterschiede in der Struktur der magnetischen Umgebung beider Objekte erwarten.

Die Schatten der Schwarzen Löcher unserer Galaxie (rechts) und der aktiven Galaxie M87 (links) im Vergleich untereinander und mit Elementen in unserem Sonnenystem. Voyager 1 ist eine 1977 gestartete Raumsonde und heute das sonnenfernste von Menschen geschaffene Objekt.

Die Schatten der Schwarzen Löcher unserer Galaxie (rechts) und der aktiven Galaxie M87 (links) im Vergleich untereinander und mit Elementen in unserem Sonnenystem. Voyager 1 ist eine 1977 gestartete Raumsonde und heute das sonnenfernste von Menschen geschaffene Objekt. : Bild: EHT collaboration (acknowledgmen

Doch zu beobachten ist etwas anderes. „Was wir jetzt sehen, ist, dass es starke, verdrehte und organisierte Magnetfelder in der Nähe des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraßengalaxie gibt“, sagt Sara Issaoun vom Harvard Center for Astrophysics, eine Co-Leiterin des EHT-Projekts. „Zusammen mit der Tatsache, dass Sgr A* eine auffallend ähnliche Polarisationsstruktur aufweist wie das viel größere und massereichere Schwarze Loch M87*, haben wir gelernt, dass starke und geordnete Magnetfelder entscheidend dafür sind, wie Schwarze Löcher mit dem Gas und der Materie um sie herum wechselwirken.“

Warum die interessante Polarisationsinformation erst jetzt gewonnen wurde, liegt an der besonderen Komplexität der EHT-Beobachtungen der Schatten jener beiden Schwarzen Löcher, die ohnehin bereits die Grenzen des technisch Möglichen austesten. „Im Gegensatz zu einem Standardbild, das nur Informationen über die Intensität des Lichts benötigt, ist es wesentlich schwieriger, die Polarisation darzustellen“, sagt der theoretische Astrophysiker Luciano Rezzolla von der Universität Frankfurt. „Tatsächlich ist unser polarisiertes Bild von Sgr A* das Ergebnis eines sorgfältigen Vergleichs zwischen den tatsächlichen Messungen und den Hunderttausenden möglicher Bildvarianten, die wir mithilfe fortgeschrittener Supercomputer-Simulationen erstellen können. Ähnlich wie beim ersten Bild von Sgr A* repräsentieren diese polarisierten Bilder eine Art Durchschnitt aller Messungen."

Die Mühe hat sich offenbar gelohnt. „Mit einer Stichprobe von zwei Schwarzen Löchern sehr verschiedener Massen und in zwei sehr verschieden gearteten Galaxien ist es wichtig herauszufinden, worin sie sich ähneln und worin sie sich unterscheiden“, sagt Mariafelicia De Laurentis, EHT Deputy Project Scientist und Professorin an der Universität von Neapel. „Da beide uns nun Hinweise auf starke Magnetfelder geben, liegt nahe, dass das eine universale, vielleicht sogar fundamentale Eigenschaft dieser Art von Systemen ist. Zu den Ähnlichkeiten beider Schwarzer Löcher könnte auch das Vorhandensein eines Jets zählen. In M87 können wir einen sehr ausgeprägten Jet beobachten. Den Jet von Sagittarius A* dagegen müssen wir noch finden.“

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