Für viele Handy-Hersteller ist die KI eine Allzweckwaffe. Doch in Bezug auf die Kamera birgt sie Gefahren. Google will Pixel-Handys deshalb nicht zu KI-Monstern machen.
Habt ihr euch in letzte Zeit ein neues Smartphone gekauft, verfügt es ganz sicher mindestens über eine Handvoll KI-Funktionen. Besonders für Fotos und Fotobearbeitung hat die Künstliche Intelligenz an Bedeutung gewonnen. Viele Handy-Hersteller statten deshalb gleich ihre Smartphone-Kameras mit KI aus. Google hält das aber für keine gute Idee.
So sagt es Marc Levoy, seines Zeichens einer der führenden Entwickler bei Google. Im Interview mit dem US-amerikanischen Online-Magazin Inverse spricht er ausführlich über den KI-Trend in der Handy-Branche und stichelt dabei auch indirekt gegen Konkurrenten wie Xiaomi und Apple.
Levoy hat das Gefühl, dass wir statt Smartphones mit eingebauter Kamera inzwischen smarte Kameras mit beigefügtem Smartphone kaufen. Er kritisiert, dass viele Konkurrenten immer mehr KI-Funktionen direkt in die Hardware einbauen. Mit diesen skaliert die Kamera dann automatisch einzelne Pixel hoch oder passt Bildbereiche optisch schon an, bevor das eigentliche Foto fertig ist. Das Foto wird bereits vor dem Schießen optimiert.
Google will diesen Weg bei Pixel-Smartphones nicht gehen oder wie Levoy es formuliert: "Wir versuchen nicht, eine Simulation zu erstellen". Statt die Kamera immer weiter mit KI-Funktionen aufzublähen, soll bei Google das Hauptaugenmerk auf der Software liegen. Hier sollen Nutzer ihre Fotos zwar ebenfalls mit KI optimieren können, allerdings selbstständig und im Nachhinein.
[Angefangen beim Pixel 6] sieht man einen Wechsel von der Bildbearbeitung hin zur Bildgenerierung. Es ist ein Wechsel von ‘Machen wir dieses Bild weniger verrauscht und schärfer’ hin zu ‘Erstellen wir unsere Erinnerung ganz neu", denn Erinnerungen unterscheiden sich von der Realität und das ist okay.
Marc Levoy (Google-Entwickler)
Levoy zufolge geht es den meisten Handy-Nutzer gar nicht mehr darum, den eigentlichen Moment bestmöglich einzufangen, sondern das optimale Foto für diesen einen Moment zu erschaffen. Das Foto soll nicht den eigentlichen abbilden, sondern die subjektive Erinnerung daran. Ein Kompromiss, den man auch bei Google eingehen will, allerdings vorrangig in Bezug auf die Software und weniger in Bezug auf die Hardware, wie Levoy noch einmal klarstellt:
Damals nutzten die Leute Bildbearbeitungen, um über schlechte Kameras hinwegzutäuschen. Heutzutage machen alle Smartphones - ob nun ein einfaches Bild an einem hellen Fenster oder eine kontrastarme Szene - ziemlich gute Ergebnisse. Jetzt sehen die Nutzer das Bearbeiten als Teil ihres kreativen Prozesses, als Zeichen, das sie hinterlassen. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns auch mit [Software-]Editoren.
Marc Levoy (Google-Entwickler)
Wir erkennen, dass es nicht mehr ideal ist, alles direkt in die Kamera zu stecken. Die Leute möchten danach selbst den Knopf drücken können, um ihre eigene Entscheidung zu treffen. Nicht weil sie unzufrieden mit dem wären, was die Kamera ihnen vorgibt, sondern weil sie mehr von ihrem Leben und ihrer Seele hineinstecken möchten.
Marc Levoy (Google-Entwickler)
Abschließend sagt Levoy noch, dass die Handy-Hersteller durchaus eine Verantwortung im Umgang mit der KI haben. Dabei spricht er davon, dass Personen auf ihren geschossenen Fotos erst einmal ein authentisches und unverfälschtes Selbstbild sehen müssen, um kein falsches Bild von der Realität zu bekommen.
Wie immer gibt es schon Monate vor Verkaufsstart zahlreiche Gerüchte zu den neuen Google Pixel-Smartphones. Was für das Pixel 9 und Pixel 9 Pro prophezeit wird, erfahrt ihr hier.
Trotzdem bleibt bei dieser Aussage ein fader Beigeschmack, da auch Google Pixel-Handys weiterhin eine "Verfälschung" von Fotos mithilfe der KI ermöglichen, wenn auch erst im Nachhinein per Software. Gespannt sind wir trotzdem, wie KI-lastig beispielsweise die Software des neuen Google Pixel 9 ausfallen wird.
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