Im Jahr 2015 haben internationale Wissenschaftler zum ersten Mal Gravitationswellen nachweisen können – 100 Jahre nach der von Albert Einstein im Jahr 1915 formulierten Allgemeinen Relativitätstheorie. Einstein hatte in seiner Theorie vorausgesagt, dass der Raum selbst wackeln kann, allerdings in absolut winzigem Maßstab, so dass die sogenannten Graviationswellen unglaublich schwer zu messen sind.
Registriert wurde das Signal von den beiden Detektoren des Gravitationswellen-Observatorium Ligo (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) in Hanford (Washington, USA) und in Livingston (Louisiana, USA). Die beiden Observatorien befinden sich etwa 3.000 Kilometer voneinander entfernt. Das Licht kommt mit zehn Millisekunden Verzögerung an beiden Stationen an. Durch mehrere auf der Erde verteilte Detektoren kann die genaue Positionsbestimmung von stellaren Objekten bestimmt werden und irdische Störung wie etwa Vibrationen durch Verkehr oder Erdbeben als mögliche Quelle können dadurch ausgeschlossen werden.
Doch das ist gar nichts im Gegensatz zu dem, was die europäische Raumfahrtbehörde Esa vorhat. Mit den drei Satelliten des Lisa-Projekts (Laser Interferometer Space Antenna) planen sie eine gigantische Weltraumwarte aufzubauen. Diese Satelliten bilden ein gleichseitiges Dreieck mit einer Kantenlänge von jeweils 2,5 Millionen Kilometern.
MDR WISSEN hat mit Karsten Danzmann, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik und dem Begründer des Unterfangens, gesprochen. Anders als bei Teleskopen wie Hubble oder James Webb, wird das Universum mit Lisa nicht nach Licht abgesucht: "Das Universum ist dunkel, der größte Teil der Welt ist dunkel, und zwar mehr als 99 Prozent unserer gesamten Welt strahlt kein Licht aus, keine Radiowellen, keine Röntgenstrahlung, gar nichts." Lisa wird stattdessen das Schwingen des Universums selbst messen: Die Gravitationswellen, die sich durch den Weltraum ausbreiten.
Gravitation ist keine Kraft, sondern eine Krümmung von Raum und Zeit
"Denn Gravitationswellen verzerren den Raum – so wie Schall. Der breitet sich aus. Nur das hier ist nicht irgendwelcher Schall, der sich ausbreitet, sondern der Schall ist der Raum selbst", erklärt der Astrophysiker Danzmann. Denn Raum "wird von der Gravitation verzerrt, und zwar von allem, was" sich in diesem Universum befindet.
Um die Gravitationswellen zu hören, wird eine Art Mikrofon benötigt. Im Fall von Lisa ist das ein Laserinterferometer, mit dem man die Überlagerungen von Wellen hochpräzise messen kann . Vereinfacht gesagt handelt es sich um eine Art Laser-Zollstock. Solche Geräte kommen neben der Raumfahrt auch in der Medizin oder bei der Herstellung von Computerchips vor – überall dort, wo präzise Abstandsmessungen durchgeführt werden müssen.
"Und je größer solche Laserinterferometer sind, desto empfindlicher sind sie", erklärt Danzmann. Jedoch kommt es nicht nur auf die Empfindlichkeit, sondern auch auf die Frequenz an. Auch auf der Erde können wir Gravitationswellen messen, jedoch nur im hohen Frequenzbereich von einigen Hertz bis zu ein paar Kilohertz.
Die rauschende Erde
Da auf der Erde alles wackelt, rauscht es immerzu. "Bei hohen Frequenzen kann man das einigermaßen weg isolieren – Vibrationsisolation nennt man das", erörtert Danzmann. Die langwelligen Signale von Objekte mit mehreren Tausend bis Milliarden Sonnenmassen können wir jedoch nur im niedrigen Frequenzbereich hören, weil sie ganz langsam sind.
"Das ganze Rauschen auf unserer Erde wird umso schlimmer, je niedriger die Frequenz ist", erklärt der Experte. "Das bedeutet, dass wir die Gravitationswellen bei Frequenzen unterhalb von einem Hertz wohl nie von der Erde aus detektieren können." Wer wissen will, wie das Universum entstanden ist und woraus es besteht, braucht riesige Observatorien wie Lisa und muss in den Weltraum raus. "Es gibt keine andere Möglichkeit dazu."
Die zu vernachlässigende Gefahr einer möglichen Kollision
Im Jahr 2035 sollen die drei Satelliten mit einer Ariane-6-Rakete ins All entstand werden. Dabei werden sie eine Position von etwa 50 Millionen Kilometern zur Erde einnehmen und entlang der Erdbahn die Sonne umkreisen. Dort draußen gibt es so gut wie nichts. Zumindest sind die Satelliten dort von dem Weltraumschrott der Erde geschützt.
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