Google hat sie jetzt auch – die faltbaren Smartphones. Das Pixel Fold steigt relativ spät in den Markt ein, macht aber vom Fleck weg vieles richtig. Trotzdem kommt es nicht zur Revolution.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Aber was, wenn bei bestehenden Produkten schon kaum Nachfrage herrscht? Diesem Problem muss sich Google nun mit dem Pixel Fold stellen. Jahre, nachdem Samsung versucht hat, mit einem Doppelbildschirm für frischen Wind zu sorgen, zieht nun auch Google nach. Gelingt es den Android-Schöpfern vielleicht, mit eigener Hardware dem Nischendasein der faltbaren Geräte ein Ende zu setzen?
Zunächst sei gesagt: Auch das Google Pixel Fold besteht eigentlich aus zwei Geräten. Zusammengeklappt handelt es sich um ein Gerät mit einem 5,8-Zoll-Display, das prinzipiell alles kann. Das erspart es oftmals, das Pixel Fold auszuklappen und beide Hände zu nutzen – denn für Nachrichten, einen schnellen Blick in Apps oder auch kürzere Videos reicht es völlig. Mehr noch: Da zum Testzeitpunkt viele beliebte Apps nichts mit dem großen Display anfangen konnten, hielt sich der Drang, das Gerät auszuklappen, in Grenzen.
Doch wenn man schon ein Smartphone mit einer Dicke von 12,1 Millimetern (ohne das Kamera-Modul!) in der Hand hat, muss das Gerät die Abmessungen ja irgendwie rechtfertigen. Tut es auch: Denn Innen befindet sich ein 7,6-Zoll-Display, das aus dem Fold ein Tablet macht. Das wirkt sich natürlich auch auf das Gewicht aus. 280 Gramm bringt das Fold auf die Waage. Zum Vergleich: Das ist nochmal schwerer als das Fold 4 von Samsung, welches sich im Test als echter Klotz erwies – und 40 Gramm schwerer als ein iPhone 14 Pro Max.
Ein großer Bildschirm ist toll – wenn man weiß, wofür
Die wichtigste Frage, die man sich also stellen muss, ist: "Wie sehr brauche ich den großen Bildschirm wirklich?". Wie das im Alltag helfen kann, wurde auch schon im Vergleich zwischen dem Samsung Z Fold 4 und Huawei Mate XS 2 beschrieben. Beim Google Pixel Fold hat sich das im Prinzip nicht geändert. Aber: Google hat immerhin das vielleicht handlichste Format. Denn obwohl sich die Smartphones alle auf den ersten Blick ähneln, hat Google noch vor Huawei und Samsung das bessere Seitenverhältnis. Klappt man das Fold auf, bleibt es breiter als hoch – wodurch man es nicht zwingend drehen muss, um die volle Bildfläche sinnvoll nutzen zu können. Gleiches gilt auch für den Einzelbildschirm: Er lässt sich, wie bereits erwähnt, durch seine Breite sehr gut bedienen. Die extremen Hochkant-Geräte der anderen Hersteller sind tendenziell zu lang.
Das alles hilft aber nicht, wenn die Apps nicht mitspielen. Bis auf Videos, deren Filmausschnitt im ausgeklappten Zustand selbstverständlich größer ist, aber auch riesige schwarze Balken hat, finden sich auf die Schnelle nicht viele Anwendungen, die sich den großen Bildschirm zunutze machen. Surfen, E-Mails checken, zeichnen und Dokumente lesen mal außen vor. Viele Spiele, etwa Mario Kart, sind so schlecht angepasst, dass sie in der Mitte des Bildschirms laufen und links und rechts riesige Balken hinterlassen. Das lässt sich zwar durch zweimaliges Tippen beheben, da die App dann vollständig nach rechts oder links wandert, führt aber das ganze Prinzip ad absurdum – warum sollte man es dann noch aufklappen. Mit einer Ausnahme: Wenn man zwei Apps gleichzeitig benutzen will, ist genau das natürlich nützlich. Denn das Fold unterstützt Multi-Tasking und man hat somit quasi zwei Smartphones in Vollansicht nebeneinander.
Der Software muss man also noch (mehr) Zeit geben. Mit dem Pixel Fold hat sich Google viel Mühe gegeben, eine solide Basis für Falt-Smartphones zu bauen – es gibt sogar eine Art Dock, mit dem man laufende Anwendungen aufrufen kann. Doch sobald man weniger populäre Apps nutzt, wird man immer wieder mit einer schlechten Anpassung konfrontiert.
Doch egal, was wo angezeigt wird: Der mittlere Bildschirmbereich ist leider generell recht unansehnlich, da es Google ebenfalls nicht gelungen ist, die Knickfalte vollständig zu kaschieren. Obwohl das Scharnier sehr gut gelungen ist und das Gerät sehr wertig verarbeitet ist, lacht einem im ausgeklappten Zustand eine sehr deutliche, ungünstig spiegelnde Falte entgegen. Insgesamt fällt das weniger ins Gewicht als bei Samsung, aber wirklich übersehen kann man den Falz nicht. Besonders bei dunklen Bildschirminhalten.
Ebenfalls negativ fiel im Test auf, wie viel Staub und Dreck die Bildschirmränder des inneren Displays sammelten. Ob einen Tag im Rucksack oder in der Hosentasche: Das Google Pixel Fold sieht nach wenigen Stunden aus wie eine benutzte Brotdose. Hinzu kommt, dass das Abwischen gar nicht so leicht ist. Denn zwischen Rahmen und Bildschirmfolie klafft eine Lücke von vielleicht einem Millimeter. Genug für Krümel, sich häuslich einzurichten. Im Test des US-Fachmagazins "Ars Technica" führte das bereits zum Ausfall eines Geräts.
Während man auf der einen Seite also ein vermeintlich anfälliges Gerät zu einem sehr hohen Preis hat, bekommt man auf der anderen Seite einen riesigen Bildschirm für die Hosentasche, von dem aber nur wenige Apps wirklich profitieren – ein Handel, den man wollen muss.
Google wirbt gerne mit dem Aufstellen des Geräts, um beispielsweise Videos schauen zu können, ohne das Gerät festhalten zu müssen. Verglichen mit einfachen Hüllen, die normalen Smartphones durch einen Aufsteller eine ähnliche Funktion bieten, ist das aber ein finanziell fragwürdiger Vorteil. Einzig die Möglichkeit, Selfies mit der Hauptkamera schießen zu können, da man den äußeren Bildschirm als Sucher nutzen kann, ist wirklich toll. Ehrlicherweise hat Google vor diesem Hintergrund mindestens eine Selfie-Kamera zu viel verbaut – denn beide Bildschirme haben eine.
Aktuelle Hardware und großer Akku
Die übliche Hardware ist schnell erzählt: Als Prozessor kommt Googles Tensor G2 zum Einsatz, zwölf Gigabyte Arbeitsspeicher stehen zur Verfügung. Speicherplatz gibt's wahlweise 256 oder 512 Gigabyte. Der Akku, da riesig, fasst rund 4800 Milliamperestunden. Das reicht laut Google für weit mehr als einen Tag, im Test hielt das Gerät entsprechend lange durch. Auch nach zwei Tagen mit viel Standby und gemischter Nutzung waren noch Reste vorhanden – oft muss das Google Pixel Fold wirklich nicht an die Steckdose.
Das dürfte natürlich stark schwanken, wenn man das Gerät lange im ausgeklappten Modus nutzt. Doch falls leer, kommt das Gerät dank Schnellladefunktion recht flott zu Kräften. Google empfiehlt ein 30-Watt-Ladegerät – so schnell wie andere Smartphones ist das Fold also nicht. Kabellos lädt es ebenfalls, dann aber sehr gemächlich.
Was die Leistung im Alltag betrifft, zeigt sich der Tensor G2 mal wieder als guter, aber nicht herausragender Chip. Geekbench misst im Single-Core-Test 1026 Punkte, der Multi-Core-Benchmark kommt bei 3197 Punkten aus. Der 3DMark-Test "Wildlife Extreme" endet mit 1852 Punkten. Damit liegt die Leistung wenig überraschend auf dem Level des Pixel 7 Pro (hier im Test), was im Vergleich zum iPhone 14 Pro doch sehr wenig ist. Wie gesagt: Der Tensor ist effizient, aber kein Überflieger. Für einfache Spiele und alltägliche Anwendungen sollte das locker reichen, bei anspruchsvollen Apps sollte man keine Wunder erwarten.
Sehr gute Kameras
Bei den Kameras hat Google nicht gespart. Die Hauptkamera besteht aus drei Knipsen: eine Weitwinkel-Kamera mit 48 Megapixeln, eine Ultraweitwinkelkamera mit 10,8 Megapixeln und ein Teleobjektiv mit 10,8 Megapixeln. Die Leistung entspricht ungefähr den herausragenden Foto-Qualitäten des Pixel 7 Pro. Zwar erlaubt der digitale Zoom nur eine 20-fache Vergrößerung und der Bildwinkel der Superweitwinkelkamera ist etwas kleiner, aber insgesamt lassen sich nur im direkten Vergleich kleine Unterschiede feststellen.
Selbst mit dem aktuellen Redaktionsfavoriten aus dem Hause Apple kann sich das Fold messen – nur nicht im Makro-Modus. Durch den Zoom lassen sich zwar ordentliche Ergebnisse erreichen, aber an die Nahaufnahmen von iPhone 14 Pro und auch Galaxy S23 Ultra kommt das Fold nicht ran. Bei Tageslicht sind die Smartphones ebenbürtig.
Fazit: Google Pixel Fold
Wann immer es um faltbare Smartphones geht, stellt irgendwer ziemlich sicher die Frage: "Wann kommt Apple damit endlich?" Die Antwort, auch nach dem Google Pixel Fold, könnte lauten: "Vielleicht nie". Auch wenn die Hardware inzwischen recht weit ist und echte Kinderkrankheiten nicht mehr sofort ins Auge fallen, muss es einen Grund geben, warum sich Geräte wie das Pixel Fold, sämtliche Galaxy-Generationen und auch das Huawei nicht durchsetzen.
Es könnte der Preis sein. Google verlangt für das Pixel Fold saftige 1900 Euro. Das ist für ein Android-Smartphone extrem viel Geld. Zum Vergleich: Das Pixel 7 Pro liegt bei 899 Euro beim Hersteller (unter 700 im Handel) und das Pixel Tablet kostet bei Google 679 Euro (im Handel identisch). Das wären im teuersten Fall 1578 Euro – und damit über 300 Euro weniger. Dafür müsste man bei beiden Geräten keine Abstriche machen. Das Smartphone hätte die bessere Kamera, das Tablet deutlich mehr Bildschirmfläche.
Faltbare Smartphones erfordern auch nach mehreren Generationen, die Google mit dem Pixel Fold zweifelsfrei übersprungen hat und auf der Höhe der Zeit ist, zu viele Kompromisse, die zusammen mit dem hohen Preis kein stimmiges Bild abgeben.
Für sich gesehen ist das Google Pixel Fold ein gutes Gerät mit toller Hardware, dessen Falt-Mechanismus gekonnt gelöst ist. Die Kamera ist sehr gut, die Hardware schnell genug für 99 Prozent aller täglichen Aufgaben und der Akku hält lange. Wenn es also unbedingt ein solches "Foldable" sein muss – es wäre eine gute, vielleicht sogar die beste Wahl. Doch wie bereits gesagt: Man sollte den großen Bildschirm wirklich nutzen, sonst lohnt es nicht.
Eine letzte Information: Wer das Google Pixel Fold kaufen möchte, muss mit längeren Wartezeiten rechnen. Kürzlich setzte der Hersteller das geschätzte Lieferdatum auf Ende August fest.
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